Ruhr-Natur in Fröndenberg: Himmelmannpark und Kiebitzwiese

An gleich zwei Orten am Ruhrufer in Fröndenberg wurden lange zurückliegende menschliche Eingriffe in die ursprüngliche Natur des Flusstals korrigiert. Aus einer Fabrikanlage für Papier und Kartons entstand um die Jahrtausendwende der Himmelmannpark, der gezielt einige Bauwerke und Anlagen der Fabrik als Denkmal und Kulturstätte erhalten hat. Etwa zeitgleich wurde eine durch intensive Ackerwirtschaft genutzte Auenlandschaft der Ruhr wieder zum Naturschutzgebiet Kiebitzwiese, in dessen Wassergräben und Teiche heute wieder Vögel wie Störche, Reiher und Kibietze sowie Heckrinder in trauter Wohngemeinschaft miteinander beobachtet werden können.

Verbunden sind Himmelmannpark und Kiebitzwiese durch einen Weg am Ruhrufer und überregional bekannte Radwege wie der RuhrtalRadweg oder die Zabel-Route.

Der Himmelmannpark mit dem Kettenschmiedemuseum und dem Fröndenberger Trichter werden ebenso in diesem Beitrag vorgestellt wie das junge Naturschutzgebiet Kiebitzwiese. Die Standorte sind in der folgenden Übersichtskarte eingetragen. Das Farb-Band stellt den Verlauf der beiden markierten Radwege dar.

Karte Himmelmannpark und Kiebitzwiese in Fröndenberg

Informationen zur Anreise:

Anreise mit dem Auto:

Auf der A44 bis zum Kreuz 53 Unna-Ost und der Beschilderung Richtung Fröndenberg/Ruhr folgen auf die B233 Richtung Menden / Iserlohn, die ggf. in älteren Navigationssystemen und Karten noch als A443 bezeichnet ist. Am Ende der Ausbaustrecke rechts auf der B233 Iserlohner Straße nach Menden, über die Hügelkuppe (und damit vorbei am ebenfalls hier dokumentierten Bismarckturm Unna) und durch das Dorf Strickherdicke ganz hinunter ins Tal bis nach Langschede. An der ersten Ampel links Richtung Fröndenberg auf die Ardeyer Straße, hinter dem Bahnübergang dann den Berg hinauf, durch Ardey, dort wieder über eine Bahnstrecke und weiter bis nach Fröndenberg.

► Zum Himmelmannpark: An der Ampelkreuzung hinter Lidl geradeaus, hinter der Brücke links in die Ruhrstraße. Rechts auf den Parkplatz. Oder an der Ampelkreuzung hinter Lidl rechts in die Harthaer Straße bzw. Feuerhake-Straße (Sackgasse) und dort im hinteren Bereich parken (kostenlos). Zu Fuß über den kleinen Bahnübergang südlich vom Markt und links über den Zebrastreifen in den Himmelmannpark.

Zieleingabe ins Navigationssystem: Ruhrstraße in Fröndenberg / Ruhr bzw. Harthaer Straße (für große Parkplätze in der Innenstadt)

► Zur Kiebitzwiese: An der Ampelkreuzung hinter Lidl links Richtung Wickede, sofort wieder rechts auf die Unionstraße. Geradeaus weiter auf der Alleestraße und am Bahnübergang links abbiegen. Nach 900 m macht die Straße eine S-Kurve. Dahinter rechts abbiegen in die Hans-Martin-Schleyer-Straße oder die darauffolgende Wernher-von-Braun-Straße. Am Ende jeweils links abbiegen in die Werner-von-Siemens-Straße. Im Bereich der Kreuzung Wernher-von-Braun-Straße liegt der Zugang zum Aussichtshügel.

Zieleingabe ins Navigationssystem: Werner-von-Siemens-Straße, Kreuzung Wernher-von-Braun-Straße in Fröndenberg/Ruhr

Anreise mit Bus und Bahn:

Mit dem RE 17 von Hagen, Schwerte oder Warburg, dem RE 57 von Dortmund, Hörde oder Winterberg oder der RB 54 von Unna, Menden (Sauerland) oder Neuenrade bis Fröndenberg. Am Bahnhof vom Vorplatz des weißen Bahnhofsgebäudes entlang der Bahnhofstraße bis zum Rathaus.

► Zum Himmelmannpark: Von hier aus erkennt man schräg rechts den Trichter im Himmelmannpark in der Flucht des hinteren Zebrastreifens (Fußweg vom Bahnhof etwa 5 Minuten).

► Zur Kiebitzwiese: Am Bahnübergang geradeaus und kurz darauf rechts in die Graf-Adolf-Straße. Etwa 1,2 km immer dem Straßenverlauf folgen. Etwa 400m hinter dem Stadion (hinter Kreuzung Herman-Löns-Straße) führt bereits ein Feldweg rechts zur Ruhr zum NSG Kiebitzwiese. Zum Aussichtspunkt weiter geradeaus um die Kurve, sofort rechts, um die Linkskurve und sofort rechts abbiegen in die Werner-von-Siemens-Straße. Geradeaus bis zur Kreuzung Wernher-von-Braun-Straße.

Anreise mit dem Fahrrad / E-Bike:

Der RuhrtalRadweg und die Zabel-Route führen direkt am Himmelmannpark und am Aussichtshügel der Kiebitzwiese vorbei. An der Ruhrbrücke auf Mendener Seite stößt der RuhrtalRadweg auf den Ruhr-Lenne-Achter aus Richtung Iserlohn.

Kartenmaterial / Literatur:

In den folgenden gedruckten Rad- und Wanderkarten und Tourenführern ist Fröndenberg bzw. die Region abgebildet: ADFC Regionalkarte radrevier.ruhr Ost* (1:50.000), Kompass Fahrrad-Tourenkarte RuhrtalRadweg* (1:50.000) sowie am Rande der Kompass Fahrradkarte Ruhrgebiet / Bergisches Land* (1:70.000) und ADFC Regionalkarte Sauerland* (1:75.000). Außerdem in der Kompass Wanderkarte Ruhr* (2 x 1:35.000).

Außerdem ist das Fröndenberger Ruhrtal Teil der Spiralos und Reiseführer zum RuhrtalRadweg, wie zum Beispiel Kompass Fahrradführer RuhrtalRadweg* (Spiralo-Bindung), BVA-Karte Kompakt-Spiralo RuhrtalRadweg* (Spiralo-Bindung) oder Bikeline-Karte RuhrtalRadweg – Vom Sauerland an den Rhein* (Spiralo-Bindung).

Der Himmelmannpark

In unmittelbarer Nähe zur Fröndenberger Innenstadt erstreckt sich ein Landschaftspark bis ans Ufer der Ruhr. In ihm finden sich interessante Industrierelikte, ein Veranstaltungszentrum sowie das inzwischen über die Stadtgrenzen weit hinaus bekannte Kettenschmiedemuseum. Grund und Boden des Parks sind der ehemalige Standort der großen Papierfabrik Himmelmann.

Im folgenden Schrägluftbild ist im Zentrum der Himmelmannpark als grüne Parkanlage gut zu erkennen. Die Grenzen werden durch die Ruhr und die Wohnhäuser an der Ruhrstraße und Graf-Adolf-Straße markiert.

Luftbild vom Himmelmannpark in Fröndenberg

Fröndenberger Trichter

Am der Innenstadt Fröndenbergs zugewandten Eingang zum Himmelmannpark steht ein markantes Baudenkmal, das im Volksmund als »Fröndenberger Trichter« oder »Himmelmann-Trichter« bezeichnet wird und den offiziellen, schwer auszusprechenden Namen »Hochleistungs-Trichterstofffänger« trägt. Es ist ein 14 Meter hohes Relikt der ehemaligen Papierfabrik Himmelmann und wurde 1952 erbaut. Dabei diente der Trichter bei der Filtrierung von Abwässern der Produktion zur Rückgewinnung der angefallenen Faser-, Leim- und Füllstoffe.

Im Jahre 1982 wurde die Papierfabrik nach der Übernahme durch eine Fremdfirma geschlossen. Damit tat sich in Fröndenberg innerhalb kürzester Zeit die zweite große Industriebrache auf, nachdem die Gebäude der Firma UNION nach dem Auszug der Firma aus der Stadt zugunsten der besseren Expansionsfläche bereits 1981 gesprengt und eingeebnet wurden. Während das Gelände UNION angefangen mit der Sparkasse mit den Wohn- und Geschäftshäusern überbaut wurde, die sich heute dort befinden (andernorts wäre von der »Neuen Mitte« die Rede), standen die Anlagen der Papierfabrik Himmelmann noch bis in die frühen 1990er Jahre.

Von der Papierfabrik zum Landschaftspark am Ruhrufer

Für den 1992 ins Kino gekommenen Satire-Film »Schtonk!« über die Veröffentlichung der gefälschten Hitler-Tagebücher u. a. mit Götz George und Christiane Hörbiger wurde das Gelände in einigen Szenen als Kulisse genutzt und sogar teilweise gesprengt. Nach anschließendem Abriss blieben nur der große Trichter und Mauern des ehemaligen Strohlagers und Magazingebäudes erhalten. Der Trichter wurde am 30.12.1996 zum Baudenkmal erklärt und saniert, u.a. durch Prof. Markus Lüpertz, der dem Objekt an der Ostseite auf halber Höhe auch seine Initialen verpasst hat. Anfangs waren die Einwohner für den Trichter nur schwer zu begeistern – heute ist er zu einem kleinen Wahrzeichen der Stadt geworden.

Am besten lässt sich die Situation im folgenden interaktiven Luftbildvergleich nachvollziehen. Zunächst zeigt die Grafik ein Luftbild aus den 1990er Jahren mit dem Fabrikgelände an der Ruhr. Im Bildmittelpunkt sind die langgestreckten Hallen entlang des Ufers zu erkennen. Nebenbei existiert noch kein Überwurf über die Bahn, der Hauptverkehr zwischen Menden und Fröndenberg quert den Bahnübergang am Rathaus. Mit der Maus oder dem Finger kann je nach Gerät interaktiv zwischen der historischen und der aktuellen Situation gewechselt werden. Die meisten Fabrikgebäude sind darin nicht mehr vorhanden. Und auch der Durchgangsverkehr hat eine andere Verkehrsführung. Der Bahnübergang ist nur noch für Fußgänger.

Aus dem Himmelmann-Gelände wurde ein Landschaftspark, nachdem einige Investoren sogar mit dem Bau eines Freizeitparks nach Vorbild des Säntisparks in St. Gallen (Schweiz) liebäugelten. Die Planungen gingen bis hin zur Achter- und Wildwasserbahn.

Spaziergang durch den Himmelmannpark

Im öffentlich zugänglichen Park befinden sich stattdessen heute mehrere Spielplätze, je ein Minigolf- und Tennisplatz und eine Halfpipe für die Skater. Im ehemaligen Magazingebäude ist das Kettenschmiedemuseum (siehe weiter unten) untergebracht, benachbart dazu das Veranstaltungszentrum Kulturschmiede. Die übrig gebliebenen Mauerreste des Strohlagers bilden heute das sogenannte Forum. Am Ufer des Flusses befindet sich der Ruhrbalkon, ein Steg in Schiffsbugform, der am Stauwehr einige Meter über den Fluss ragt und erstmals eine parkseitige Erreichbarkeit des Ruhrufers darstellt.

Ende 2010 erfolgte eine Umbenennung. Aus dem ursprünglichen »Landschaftspark Ruhrufer« wurde der Himmelmannpark in Anlehnung an die ehemalige Fabrik. Ein Grund dafür war, dass der Name »Ruhrufer« im Zusammenhang mit Erholungsparks bereits mehrfach genutzt würde. Andere Vorschläge waren Ruhrpurpark – in Anlehnung an den Ökostromtarif der Stadtwerke –, Ruhr-Pur, Mauritius-Auen oder Ruhrkultur-Park.

Neu erschlossenes Plätzchen neben dem Ruhrbalkon am rauschenden Wasserfall
Neu erschlossenes Plätzchen neben dem Ruhrbalkon am rauschenden Wasserfall
Kettenschmiedemuseum im Himmelmannpark
Kettenschmiedemuseum im Himmelmannpark

Das Kettenschmiedemuseum

Im Magazingebäude der ehemaligen Papierfabrik, das direkt an das ehemalige Strohlager und dem heutigen sogenannten Forum angrenzt, befindet sich das Kettenschmiedemuseum. Bei freiem Eintritt erläutert das kleine Museum besonders anschaulich die Herstellung, Bearbeitung und Prüfung von Ketten.

Den Einstieg bilden zunächst große Informationstafeln über die Theorie der Kettenherstellung und über diesen Industriezweig in der Ruhrstadt. Besonders eindrucksvoll ist jedoch die große Sammlung an Exponaten im großen Raum nebenan. Hier stehen große und kleine Maschinen, Werkzeuge und beinahe unzählige Ketten unterschiedlichster Größe, Art und Haltbarkeit. Die Mechanik der meisten der hier befindlichen großen Maschinen ist betriebsbereit und wird bei Interesse in Gang gesetzt.

Besondere Beliebtheit stellen selbstverständlich alle ersten Sonntage im Monat (April bis Oktober) dar, an denen das Schmiedefeuer angeheizt und – teilweise unter Mitwirkung der Besucher – Eisen geschmiedet wird.

Panorama aus dem Kettenschmiedemuseum Fröndenberg – Teil des Hauptraums, der frei erkundet werden kann
Panorama aus dem Kettenschmiedemuseum Fröndenberg – Teil des Hauptraums, der frei erkundet werden kann

Mit etwas Glück wird man zu einer Veranstaltung im Kettenschmiedemuseum eingeladen. Das Museum ist eine Außenstelle des Fröndenberger Standesamtes und für Trauungen buchbar. Es ist anzunehmen, dass vor allem Lesende mit einem persönlichen Bezug in die Ruhrstadt in den Genuss kommen dürften.

300 Teelichter auf den Maschinen

Die Kettenschmiede ist abgedunkelt. Die blauen Fensterläden sind dicht und sperren das Sonnenlicht aus. Drinnen heizt der Ofen richtig ein. Mehrere hundert Teelichte beleuchten den Raum. Die vielen kleinen Lichtpunkte setzen die Maschinen in Szene, beleuchten Zahnräder, Bedienelemente und die vielen großen und kleinen Ketten, die am Boden oder an den Wänden hängen. Am Ofen ist der Tisch mit den zwei Stühlen für das Brautpaar aufgestellt, die Hochzeitsgesellschaft sitzt auf Stühlen dahinter.

Bis hierher war es eine Hochzeit in besonderer Umgebung, eine Ambiente-Hochzeit also. Nach der Prozedur der eigentlichen Trauung, die ja bekannt sein dürfte, folgt nach der Beringung noch eine Besonderheit zum Abschluss. Der Schmied facht das Feuer noch einmal an. Es folgt eine Zeremonie, die für eine Hochzeit kaum symbolhafter sein kann: Das Paar schmiedet sich seine eigene Kette.

Genauer gesagt erstellt jeder ein großes Kettenglied. Die Glieder werden anschließend zusammengeschmiedet und bilden somit eine einfache Kette aus nur zwei Gliedern. Das glühende Eisen wird dabei behauen, zwischenzeitlich sprühen die Funken weit und laut, wenn der Schmied das Eisen auf einem befeuchteten Amboss in Form bringt. Man sagt, die Quote an Scheidungen von Paaren, die auf diese Art in ihre Ehe gegangen sind, sei signifikant unterdurchschnittlich.

Kettenschmiedemuseum Fröndenberg
Kettenschmiedemuseum Fröndenberg
Schmiedefeuer im Kettenschmiedemuseum Fröndenberg
Schmiedefeuer im Kettenschmiedemuseum Fröndenberg

Informationen zum Besuch:

Öffnungszeiten und Eintrittspreise:

Das Kettenschmiedemuseum ist jeden Samstag und Sonntag von Anfang April bis Ende Oktober von 10.00 – 16.00 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei. An jedem ersten Sonntag im Monat gibt es Vorführungen am Schmiedefeuer (10.30, 11.30, 12.30, 13.30, 14.30 Uhr). Zu besonderen Anlässen ist das Museum zusätzlich geöffnet, teilweise auch mit Demonstrationen.

Nach vorheriger Vereinbarung sind Führungen auch außerhalb der Öffnungszeiten möglich. Der Landschaftspark ist 24 Stunden am Tag geöffnet und zugänglich sowie dank gepflasterter oder geschotterter Wege und seiner Ebenheit barrierearm.

InformationAusführliche Informationen zur Anreise mit Auto, Bus und Bahn und dem Fahrrad finden Sie ganz oben auf dieser Seite.

Grundsätzlich besteht eine Wegeverbindung zur Kiebitzwiese (siehe nächster Abschnitt) entlang der Ruhr, die durch den benachbarten Hindenburghain mit seiner Disk-Golf-Anlage führt. Sollte der Weg versperrt sein, kann bis zum Hindenburghain die Graf-Adolf-Straße genutzt werden.

Koordinaten für GPS-Geräte und zur Tourenplanung

Geographische Koordinaten:
51°28’16.98″N, 7°46’10.25″E – Fröndenberger Trichter
51°28’16.93″N, 7°46’15.03″E – Kettenschmiedemuseum
Die Koordinaten können in das Eingabefeld von beispielsweise GoogleEarth und OpenStreetMap kopiert werden.

UTM-Koordinaten (Zone 32):
414539 m, 5702953 m – Fröndenberger Trichter
414628 m, 5702961 m – Kettenschmiedemuseum

Nützliche Informationen zum Lesen der Koordinaten und Verwendung in GPS-Geräten bietet der Beitrag Anreise, GPS und Co.

Weitere Informationen und Quellen:

Kulturzentrum Ruhraue / Kettenschmiedemuseum: www.freu-dich-auf-froendenberg.de
Säntispark in St. Gallen (Vorbild für frühe Planungen): www.saentispark.ch

Das Naturschutzgebiet Kiebitzwiese

Normalerweise zeige ich weder auf diesen Internetseiten noch in den Social-Media-Kanälen Fotos von meinem Essen. In diesem Falle mache ich aber mal eine Ausnahme. Sie sehen nachfolgend daher eine Fotografie von einem großen Teller Spagetti mit Hackfleischsoße, garniert mit handgeriebenen Parmesan-Flocken. Sie können sich darauf verlassen, dass der Teller spätestens fünf Minuten nach der Foto-Aufnahme nicht mehr so ausgesehen hat.

Läuft Ihnen das Wasser dabei nicht auch im Mund zusammen? Und fragen Sie sich nicht langsam, was das ganze eigentlich mit dem Thema zu tun hat, das im Titel dieser Seite angegeben ist? Irgendwas mit Naturschutzgebiet? Irgendwo am Rande des Ruhrgebiets?

Ein Teller Nudeln
Ein Teller mit Nudeln (Spagetti Bolognese mit Parmesan)

Nicht nur die Nudeln haben glücklich im Freiland gelebt. Auch das Fleisch, ausschließlich Rinderhack übrigens, ist aus ökologischer Haltung. Und ich kann Ihnen sogar sagen, dass das Tier, von dem das Fleisch stammt, einen Namen hatte, der mit K… anfing. Katrin, Kiara, Kristina, Konrad, Karl – genau weiß ich es nicht (vielleicht sind an dem Hack auch mehrere beteiligt), aber der Anfangsbuchstabe ist sicher. Es schmeckt vorzüglich, etwas strenger als übliches Gewolftes und die Farbe ist etwas dunkler. Durch einen glücklichen Zufall bin ich an dieses Fleisch gekommen – nachdem wieder einmal ein Heckrind von der Kiebitzwiese in Fröndenberg geschlachtet werden musste, damit es dort nicht zu viele werden. Ab und zu muss die Herde ausgedünnt werden. Und in dem Falle bin ich letzter Teil der Nahrungskette. Damit sind wir auch beim Thema, das mich ausnahmsweise zum Food-Blogger macht:

Fehler in der Vergangenheit

Einmal mehr stand die Trinkwassergewinnung und Stromerzeugung vor der Natur, als die Ruhr im Jahre 1923 mit den neuen Wehranlagen für das Wasserkraftwerk Schwitten bei Fröndenberg stark befestigt und eingedeicht wurde. Aus dem ursprünglichen Auenland mit vielen feuchten Wiesen bei Westick wurde bald wertvoller Ackerboden. Für die Aue typische Überflutungen und Schwankungen des Wasserstands sind nun auch durch die gezielte Steuerung der Zuflüsse aus dem Sauerland verhindert. Das heißt, dass beispielsweise an der Möhnetalsperre festgelegt wird, wie viel Wasser in die Ruhr und letztlich auch durch Fröndenberg fließt – Hochwasser gibt es daher meist nur gemäßigt. Wälder und Hecken wurden in der Folgezeit ebenfalls größtenteils gerodet. Wo sich einst Kiebitz und Co. wohlfühlten, wurde ein Lebensraum zerstört. Doch Jahrzehnte später kam es zu einem Umdenken: Fehler von Damals wurden wieder rückgängig gemacht.

Neue Auenlandschaft an der Ruhr

Im Jahr 2002 wurde eine 46 ha große Fläche zwischen Ruhrbogen und einem inzwischen entstandenen Gewerbegebiet bei Fröndenberg zum Naturschutzgebiet. Es zieht sich auf einer Länge von ca. 2,5 km entlang der Ruhr, die hier nicht nur die Grenze vom Kreis Unna (wo sich das Naturschutzgebiet befindet) zum Märkischen Kreis (drüben, auf der anderen Seite), sondern auch vom Ruhrgebiet zum nördlichen Sauerland bildet. Zunächst wurden aus den Äckern wieder Weideflächen, die schon Jahre zuvor erworben und übergangsweise nur abgemäht wurden. Eine angesiedelte Herde Heckrinder sorgt seit 2009 auf natürliche Art und Weise dafür (sie fressen), dass sich auf dem nicht mehr bewirtschafteten Boden kein Wald ausbildet – aus den Mähwiesen entstanden wilde Weiden.

Heckrinder in der Aue

Heckrinder sind Züchtungen, die eine „Rekonstruktion“ der im 17. Jahrhundert ausgestorbenen Auerochsen aus Hausrindern darstellen sollen. Die Heckrinder, benannt nach ihren Züchtern aus den 1920er Jahren, sind zwar kleinere und leichtere Wildrinder, dennoch sehr robust und anspruchslos und damit für eine ganzjährige Bewirtschaftung der Kiebitzwiese geeignet. Inzwischen scheinen sich die Heckrinder heimisch zu fühlen und haben sich vermehrt. Ein Grund, warum die ab und zu geschlachtet werden müssen, da es sonst zu viele werden. Und das Fleisch landet dann unter Umständen auf Tellern von Food-Bloggern.

Erläuternde Informationstafeln am Ruhrwehr
Erläuternde Informationstafeln am Ruhrwehr

Seit 2011 ist das Gebiet wieder vernässt. Wasser aus einem Bach wird in die wilde Weide eingeleitet. Alte Wassergräben und niedrige Senken füllten sich mit Wasser und bilden eine neue, künstliche Auenlandschaft mit kleinen Abstrichen. Dass sich die Natur nach Unterschutzstellung der Kiebitzwiese die neue Aue zurückerobert, lässt sich am besten von eben diesem Aussichtshügel feststellen.

Gut versteckt hinter Holzpalisaden lassen sich nicht nur die Heckrinder beobachten, die gemächlich durch das Gras und auch durch die Wassergräben trotten und dem Beobachter stoische Ruhe vermitteln, sondern auch eine überaus breite Vogelwelt. Sie reicht von ständigen Gästen wie Gänsen über Sommerbewohnern wie Störchen, Neuntötern, Rohrammern und Kiebitzen, die dem Gebiet nach langer Abwesenheit wieder seinen sinnvollen Namen geben, zweimal jährlich vorkommenden Durchzüglern während des Vogelflugs der Zugvögel bis hin zu Wintergästen wie Reihern oder Bekassinen. Ein Rotkehlchen habe ich auch schon gesehen.

Aussichts-Hügel an der Kiebitzwiese

Informationstafeln auf dem Hügel und in der Nähe des Wehrs erläutern die geschichtliche Entwicklung der Kiebitzwiese mit Fotos und historischen Karten oder stellen Heckrinder und Vogelarten vor. Die Namen der hier geborenen Tiere fangen übrigens in Anlehnung an ihren Geburtsort (Kiebitzwiese) alle mit K an und werden meist von Kindern aus Fröndenberger Kindergärten vergeben.

Der Aussichtshügel liegt recht weit im Osten. Wenn man Pech hat, sieht man von hier abhängig von der Witterung und dem Hunger der Tiere nur wenig. Es kann sein, dass die sich in schwer einsehbare Teile hinter einer Baumreihe verstecken. Dann kann man vom Hügel bis zum Wehr laufen und sein Glück auf dieser Seite versuchen. Für Radfahrende lohnt ein Anhalten eigentlich immer – aber eine Garantie, etwas zu entdecken, kann man nicht geben. Nehmen Sie sich aber auf jeden Fall ein Fernglas mit. Oder ein Teleobjektiv. Es könnte nützlich sein.

Aussichtshügel am Radweg mit Blick auf die Kiebitzwiese
Aussichtshügel am Radweg mit Blick auf die Kiebitzwiese
Weg Richtung Innenstadt am Ufer der Ruhr entlang. Auf der anderen Seite beginnt offiziell das Sauerland
Weg Richtung Innenstadt am Ufer der Ruhr entlang. Auf der anderen Seite beginnt offiziell das Sauerland

Tipp des Autors:

Das Naturschutzgebiet eignet sich perfekt für kleine Pause der Fahrradtour auf dem RuhrtalRadweg oder der Zabel-Route. Zu Fuß kann man am Ufer der Ruhr bis in den benachbarten Hindenburghain gehen. Von dort gelangt man auch zum Himmelmannpark mit dem dem Kettenschmiedemuseum.

Informationen zum Besuch:

Das Naturschutzgebiet Kiebitzwiese ist eingezäunt und kann nur über am Rande verlaufende Wanderwege und den zentralen Aussichtspunkt ständig eingesehen werden (siehe Wege in der Karte oben). Schilder mit der Warnung „Vorsicht Bullenweide“ sind ernst zu nehmen! Zäune sollte man aus Interesse der eigenen Gesundheit (Heckrinder! Hörner!!) und zum Schutze der Natur nicht übersteigen. Es gelten die üblichen Verhaltensregeln in Schutzgebieten, um die Tiere nicht zu stören oder Pflanzen zu beschädigen.

Wie der Mensch auch ziehen sich die Tiere z. B. bei heißem Wetter unter uneinsehbare Bäume zurück. Es kann vorkommen, dass sich vom Aussichtspunkt kaum bis keine Vögel oder Rinder beobachten lassen.

Bringen Sie ein eigenes Fernglas oder Feldstecher mit! Für Kameras die Teleobjektive nicht vergessen.

InformationAusführliche Informationen zur Anreise mit Auto, Bus und Bahn und dem Fahrrad finden Sie ganz oben auf dieser Seite.

Koordinaten für GPS-Geräte und zur Tourenplanung

Geographische Koordinaten: 51°28’28.58″N, 7°48’01.46″E – Aussichtspunkt Kiebitzwiese
Die Koordinaten können in das Eingabefeld von beispielsweise GoogleEarth und OpenStreetMap kopiert werden.

UTM-Koordinaten (Zone 32): 416687 m, 5703287 m – Aussichtspunkt Kiebitzwiese

Nützliche Informationen zum Lesen der Koordinaten und Verwendung in GPS-Geräten bietet der Beitrag Anreise, GPS und Co.

Grundsätzlich besteht eine Wegeverbindung zum Himmelmannpark (siehe erster Abschnitt) entlang der Ruhr, die durch den benachbarten Hindenburghain mit seiner Disk-Golf-Anlage führt. Sollte der Weg versperrt sein, kann ab Hindenburghain die Graf-Adolf-Straße genutzt werden.

Ausführliche Dokumentation der Biologischen Station Kreis Unna: www.biostationunna.de