Der Ostenfriedhof in Dortmund – der Melaten vom Revier

Nach dem 1811 gegründeten ersten kommunalen Friedhof Westtotenhof im heutigen Westpark von Dortmund entstand ab 1876 ein zweiter Friedhof auf der anderen (östlichen) Seite des Innenstadtrings bzw. der damaligen Stadtmauer. Es überrascht nicht, dass er deshalb Ostfriedhof oder Ostenfriedhof bezeichnet wird. Dieser wurde benötigt, weil die Einwohnerzahl von Dortmund mit dem Beginn der Industrialisierung Ende des 19. Jahrhunderts stark anstieg. Nur wenige Jahre nach seiner Gründung sollte Dortmund mit 100.000 Einwohnern erstmals zur Großstadt werden und damit innerhalb kürzester Zeit seine Einwohnerzahl mehrfach verdoppelt haben.

Der Ostenfriedhofs ist ungefähr 15 Hektar groß und wird an drei Seiten durch Straßen begrenzt. Die vierte Seite ist der Bahntrassen-Radweg auf der ehemalige Eisenbahnstrecke zwischen dem Süd- und Ostbahnhof, der auch Bananenweg genannt wird.

Der Ostfriedhof hat ein gerastertes Wegenetz und hat einen Park-Charakter, wie auch beispielsweise der wesentlich später entstandene Hauptfriedhof. Typischerweise für Friedhöfe in Dortmund gibt es auch einen Spielplatz. Man findet sehr alten Baumbestand vor und blühende Rhododendren im Frühsommer, für die manch Botanischer Garten vor Neid erblasst. Im Nordosten steht mit einer alten Platane sogar ein Naturdenkmal. Grün- und Buntspechte sowie Eichhörnchen lassen sich mit etwas Glück beobachten.

Monumente, Figuren und Denkmäler

Es werden heute noch Begräbnisse durchgeführt. Daher findet man hier ganz normale moderne Gräber mit Grabstein, Bodendecker, Bepflanzung oder Steinplatten. Und dann sind dazwischen die teils über 100 Jahre alten monumentalen Denkmäler mit Obelisken, Säulen oder überlebensgroßen Statuen mit Abbildern von Menschen, trauernden Frauen oder Heiligenfiguren. Sie erinnern stark an den wesentlich bekannteren Melaten-Friedhof in Köln.

Gerade diese Grabanlagen, ob Eisen oder Stein, Figur oder Säulen, zeigen den damaligen Zeitgeschmack, aber auch die Qualität des Handwerks und das Können von Künstlern, Steinmetzen und Metallbauern ihrer Zeit.

Der Ostenfriedhof ist einer von mehreren Artikeln zu interessanten, alten oder besonderen Friedhöfen im Ruhrgebiet. Die zentrale Rubrik-Seite bietet neben einer Übersicht über die anderen Orte auch allgemeine Informationen wie beispielsweise eine Erläuterung zur Symbolik auf Grabsteinen ► Friedhöfe im Ruhrgebiet

Hinweis: Bei Fotos von besonderen oder prominenten Gräbern sind die Namen in der Bildunterschrift angegeben.

Grabstätte der Familie Maiweg auf dem Ostfriedhof Dortmund
Familie Maiweg

Die größten Gräber findet man entlang einer Achse vom Haupteingang nach Süden. Hervorheben kann man dabei das Monument der Familie Jucho mit der Szene mit einer Frau, die mit einer Öllampe einen alten Mann zu einer Tür führt, das von der Weltausstellung 1889 in Paris stammt. Auch die Figur eines trauernden Knappen in Lebensgröße vor einem großen Felsen auf dem Grab von Otto Taeglichsbeck, Direktor des Königlichen Oberbergamts Dortmund, beeindruckt.

Nur noch wenige Gräber lassen sich anschauen, die von den alten, kunstvollen gusseisernen Begrenzungen und Toren nach Art des Jugendstils eingezäunt sind. Zugunsten der Rüstungsindustrie wurden viele derart eingefasste Grabanlagen im 2. Weltkrieg eingeschmolzen.

„Und ist es köstlich gewesen, so ist es Mühe und Arbeit gewesen.“

Grabstelle Jucho

Große Dortmunderinnen und Dortmunder

Man stößt beim Spaziergang über den Friedhof auf bekannte Namen von Industriellen, aus der Wirtschaft, Politik und der allgemeinen Stadtlandschaft. Aus der Industrie sind dies exemplarisch die Familien Hoesch (Gründer u.a. vom Stahlwerk Phoenix und der Westfalenhütte Dortmund), Klönne (Metallbau-Unternehmen, zum Beispiel Erbauer vom Lanstroper Ei) oder die schon erwähnte Familie Jucho (Brückenbau).

Außerdem findet man die letzten Ruhestätten von Familie Krüger (von Bücher-Krüger, noch heute gibt es dort die Krüger-Galerie) oder – als Nachbarin direkt daneben – Henriette Davidis, die bekannte Kochbuchautorin. Auf ihrem vergleichsweise schlichten Grab steht ein bepflanzter Kochtopf mit Kochlöffel. Dazu stammt ihre letzte Ruhestätte sogar aus der Gründungszeit des Ostenfriedhofs und ist damit eine der ältesten hier überhaupt. Allerdings ist das Geburtsjahr (*1801) auf ihrem Grabstein falsch.

Große Grabanlage der Familie Treeck auf dem Ostfriedhof Dortmund
Große Grabanlage der Familie Treeck auf dem Ostfriedhof Dortmund

„Es ist bestimmt in Gottes Rat, dass man vom Liebsten, das man hat, muss scheiden.“

Grabstätte Knoll

Andere Glaubensgemeinschaften und Grubenunglücke

Sehenswert ist beim Rundgang auch der jüdische Friedhof als Teil des Ostenfriedhofs. Vielerorts sind diese Stätten ja gar nicht zugänglich. Die Grabsteine sind besonders hoch und traditionell legt man einen Kieselstein zur Erinnerung ab, wenn man das Grab besucht. Nach Zerstörungen im „Dritten Reich“ und im 2. Weltkrieg wurde dieser Teil rekonstruiert. Beerdigungen finden in diesem Teil nicht mehr statt. Dafür gibt es ein besonderes Mahnmal mit Erinnerung an die großen Konzentrationslager.

In Sichtweite nebenan befinden sich in einer Reihe die Gräber von Franziskaner-Brüdern und -Patern, darunter das Grab von Bruder Jordan Mai, der allerdings in die Franziskanerkirche umgebettet wurde und nach dem hier das am Friedhof befindliche Seniorenheim Bruder-Jordan-Haus benannt ist. Die Grabsteine tragen das sogenannte Antoniuskreuz oder Tau-Kreuz (T-Kreuz, nach dem griechischen Buchstaben Tau), das Symbol des Franziskanerordens. Im Gegensatz zum christlichen Kreuz fehlt der obere senkrechte Strich und bildet tatsächlich ein T.

Gusseiserne Grabsteine für die Opfer eines Grubenunglücks
Gusseiserne Grabsteine für die Opfer eines Grubenunglücks auf der Zeche Kaiserstuhl
Gräber auf dem Jüdischen Friedhof
Gräber auf dem Jüdischen Friedhof

Auf dem Ostenfriedhof wird mit zwei Denkmälern an zwei Grubenunglücke 1893 und 1897 der Zeche Kaiserstuhl in Dortmund erinnert. An dem vom älteren Unglück 1893 stehen außerdem einheitliche eiserne Gedenktafeln für die verstorbenen Kumpel unter Tage nebeneinander.

„Den in treuer Pflichterfüllung verunglückten Bergleuten gewidmet.“

Inschrift der Denkmäler der Zeche Kaiserstuhl

Pfad des Findens

Natürlich kann man sich selbst auf die Suche nach den interessantesten Grabstätten, Denkmälern und Monumenten machen. Allerdings kann man sich auch vom Pfad des Findens lotsen lassen. Er führt gegen den Uhrzeigersinn über den Friedhof und hat kleine Informationstafeln an den jeweiligen Orten. Die kleinen, aufklappbaren Holztafeln geben somit auch Spaziergängern, die nicht dem Pfad folgen, immer einen Hinweis darauf, dass sich an dieser Stelle etwas besonderes befindet. Auf jeder der Klapptafeln ist der Wegeverlauf in einer Karte gekennzeichnet. Eine Wegemarkierung am Boden oder über Schilder gibt es sonst nicht.

Tipp! Im Buch Auszeiten für die Seele – Ruhrgebiet* ist der Ostfriedhof Ziel von zwei Touren. Eine davon führt ausführlich über den ganzen Friedhof und gibt interessante Hintergrundinformationen und stellt besondere Grabstätten und Denkmäler vor.

Informationen zum Besuch:

Anreise mit dem Auto:

Auf dem Westfalendamm als Verlängerung der A40 aus Essen und der A44 aus Unna bis zur Kreuzung Voßkuhle. Aus Unna rechts, aus Essen links abbiegen auf die Straße Voßkuhle. Dem Verlauf folgen. Den kleinen Tunnel unter der Bahn passieren und dann in der nun so bezeichneten Von-der-Goltz-Straße oder an der Kreuzung rechts in der Robert-Koch-Straße oder nochmal rechts in der Straße Am Ostpark am Rand parken. Der zentrale Eingang befindet sich unweit der Franziskus-Kirche an der Robert-Koch-Straße.

Anreise mit Bus und Bahn:

Mit der S4 von Unna oder dem Stadthaus Dortmund bis Körne-West. Von dort zu Fuß nach rechts auf die Semerteichstraße, dann links auf die Lange Reihe. Diese geht in die Straße Am Ostpark über, wo sich ein Eingang zum Friedhof befindet.

Alternativ von der Stadtmitte oder von Dortmund-Wickede mit der U43 bis Funkenburg und auf der Franziskanerstraße bis zur gleichnamigen Kirche bzw. dahinter dem Friedhof.

Anreise mit dem Fahrrad / E-Bike:

Direkt am Friedhof führt der Bananenweg vorbei. Abstecher sind an den Kreuzungen Im Defdahl und Am Ostpark möglich. Von der Trasse selbst gibt es keinen direkten Zugang zum Ostfriedhof.

In den folgenden gedruckten Rad- und Wanderkarten und Reiseführern ist der Ostenfriedhof bzw. die Region abgebildet: ADFC Regionalkarte radrevier.ruhr Ost* (1:50.000) und Auszeiten für die Seele im Ruhrgebiet*