Steveraue und Alte Fahrt in Olfen

Vor den Toren des Ruhrgebiets in Olfen beginnt das Münsterland. Schlagartig nimmt die Landwirtschaft zu, es gibt Flussauen und mehr Dörfer als zusammengewachsene Großstädte. Gerade hier, an einem besonders idyllischen Teil des Tellerrands, lohnt sich eine Tour auf dem Fahrrad oder ein Spaziergang an einem ehemaligen Kanal und in der Steveraue.

Denn auch Olfen hat eine spannende Entwicklung durchgemacht und auf die Industrie bezogen ganz besondere Relikte einer stillgelegten Infrastruktur zu erleben. Wo gibt es schon stillgelegte Kanäle, durch die man spazieren kann?

Luftbild der Brücke des Dortmund-Ems-Kanals über die Lippe
Luftbild der Brücke des Dortmund-Ems-Kanals über die Lippe

In diesem Artikel dreht sich alles um das Thema Wasser – um die „Alte Fahrt“, Trogbrücken mit einem Fahrradweg im Innern, den ehemaligen Stadthafen und die zu einer naturnahen Auenlandschaft umgewandelten Ufer der Stever.

Informationen zum Besuch:

Anreise mit dem Auto:

Auf der A2 bis zur Ausfahrt 11 Henrichenburg. Aus allen Richtungen rechts abbiegen auf die B235 Richtung Datteln. In Datteln dem Straßenverlauf rechts folgen Richtung Olfen. Am Kreisverkehr im Ortseingang Olfen geradeaus und im Ort parken.

Zieleingabe ins Navigationssystem: Kanalstraße, Kreuzung Selmer Straße in Olfen

Anreise mit Bus und Bahn:

Mangels Bahnhof in Olfen oder in der Nachbarstadt Datteln ist das Ziel ausschließlich durch den Bus und längere Fahrten zu erreichen.

Anreise mit dem Fahrrad / E-Bike:

Besonders bequem ist dieses Ziel mit dem Fahrrad zu erreichen. Der Radfernweg Radroute Dortmund-Ems-Kanal verläuft in Olfen entlang der Alten Fahrt und quert alle beschriebenen Streckenabschnitte.

In der Stadt sind die Regionalradwege „Rundum Olfen“ und „Steverauenweg“ ausgeschildert. Darüber hinaus ist Olfen Teil der Radregion Münsterland.

Kartenmaterial / Literatur:

In den folgenden gedruckten Rad- und Wanderkarten und Tourenführern ist die Steveraue, die Alte Fahrt bzw. die Region abgebildet: ADFC Regionalkarte radrevier.ruhr Ost* (1:50.000), BVA Radwanderkarte Kreis Recklinghausen* (1:50.000) sowie am Rande der ADFC Regionalkarte Münsterland* (1:75.000).

In diesen Reiseführern oder Büchern ist das Ziel als Beitrag thematisiert: Wanderungen für die Seele: Hohe Mark* und Radfernweg Dortmund-Ems-Kanal* (1:50.000).

Die Alte Fahrt des Dortmund-Ems-Kanals

Der Dortmund-Ems-Kanal ist eine etwa 226 Kilometer lange künstlich angelegte Wasserstraße zwischen Dortmund und Papenburg an der Ems. Erbaut wurde er innerhalb der äußerst kurzen Zeit von sieben Jahren. Am 11. August 1899 erfolgte durch Kaiser Wilhelm II. die feierliche Eröffnung. Von Anfang an waren Hauptziele die Entlastung der Eisenbahn und die Vereinfachung des Transports der Kohle aus dem Ruhrgebiet zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber ausländischen Kohleerzeugnissen. Der zur Nordsee verlaufende Kanal sollte dabei nur der erste Schritt für ein ganzes Wasserstraßennetz sein. Als Verbindung zur Elbe entstand nur wenige Jahre später der Mittellandkanal.

Ursprünglich verlief der Dortmund-Ems-Kanal auf dem Streckenabschnitt zwischen dem Kanalkreuz Datteln mit dem nahegelegenen Schiffshebewerk Henrichenburg und Münster direkt an der Stadtmitte Olfens vorbei und es existierte sogar ein kleiner Hafen.

Bereits im Jahre 1929 wurde allerdings mit dem Bau eines Bypasses um Olfen begonnen. Grund dafür waren der wachsende Schiffsverkehr und neue, größere Abmessungen der Schiffe. Während andernorts der Kanal einfach breiter gebaggert werden konnte, war das hier in Olfen, wo der Kanal hoch über dem umliegenden Land verlief, nicht ganz einfach – vor allem nicht, ohne den Kanal über längere Zeit zu sperren. Seit 1937 verläuft der Kanal also auf einer begradigten und verbreiterten Linienführung südöstlich um die Stadt herum. Diese wird Neue Fahrt oder auch Zweite Fahrt bezeichnet, die älteste ihrer Art am Dortmund-Ems-Kanal. Im Verlauf des Kanals gibt es noch einige weitere Neubau-Umgehungen.

Ehemaliger Kanalverlauf und Stadthafen

Mit der Neuen Fahrt verlor die nun zur Alten Fahrt gewordene Linienführung an Bedeutung. In den 1980er Jahren wurde auch aufgrund der hohen Kosten für die Unterhaltung der Rückbau dieser Strecke beschlossen, wobei ein Teil des Kanals und insbesondere die landschaftsprägenden Brücken von Lippe und Stever unter dem Kanal hindurch erhalten blieben.

Von Datteln bis kurz vor Olfen ist der Kanalcharakter noch erhalten. In von Querdämmen abgeschotteten Abschnitten ist mit zur Standsicherheit verringertem Wasserstand ein langes Biotop entstanden, das am ehemaligen Stadthafen endet. In der Stadtmitte ist der Kanal zugeschüttet. Erst am nördlichen Ende, wo er auf die Zweite Fahrt trifft, ist in der alten Kanaltrasse ein Yachthafen entstanden. Im Ortszentrum wurde er zu einem langgestreckten Grünzug auf einem hohen Damm mit Baumlehrpfad. Auf ihm verlaufen heute die Radroute Dortmund-Ems-Kanal, die Tour „rundum Olfen“ und der im weiteren Verlauf näher vorgestellte Steverauenweg.

Ein Radweg durch den Kanaltrog

Architektonisch beeindruckend sind die erhaltenen Kanalbrücken, die im Trog der alten Wasserstraße überfahren werden. Dabei ist die Schiefe Brücke eine architektonische Meisterleistung ihrer Zeit, denn die Straße, die unter dem Kanal hindurchführt, kreuzt diesen nicht im üblichen rechten Winkel, sondern im Winkel von 60°. Das Material besteht aus Sandstein und der Bau erinnert an Architektur von Verteidigungsanlagen. Stilecht sind gusseiserne Geländer aufgesetzt.

Nicht weit entfernt von der Schiefen Brücke überquert die Alte Fahrt das Flüsschen Stever. Das Brückenbauwerk ist auch als Dreibogenbrücke bekannt und bietet einen hervorragenden Ausblick über die renaturierten Steverauen. Dazu ist mitten auf der Brücke auch ein Rastplatz eingerichtet. Von hier aus führt die Radroute entlang des Dortmund-Ems-Kanals noch weiter bis nach Norddeich. Zum Greifen nah ist das Meer, das von hier aus steigungsarm erreicht werden könnte…

Rad- und Wanderweg im ehemaligen Kanaltrog über der Schiefen Brücke
Rad- und Wanderweg im ehemaligen Kanaltrog über der Schiefen Brücke
Panoramabild der Steverbrücke
Panoramabild der Steverbrücke
Im Trog der Lippebrücke befindet sich sogar noch Wasser. Der Rad- und Wanderweg führt rechts und links davon über die Brücke
Im Trog der Lippebrücke befindet sich sogar noch Wasser. Der Rad- und Wanderweg führt rechts und links davon über die Brücke

Der Steverauenweg

Rad- oder Wandertour durch die tierisch idyllischen Auen der Stever

Im Bereich der Dreibogenbrücke stößt man entlang der Alten Fahrt auf einen besonderen Rad- und Wanderweg. Auf knapp 8,5 Kilometern Länge führt der Steverauenweg als Rundweg am rechten und linken Flussufer bis zur Füchtelner Mühle. Er umrundet dabei die Steverauen, die erst zum Anfang des neuen Jahrtausends entstanden sind. Bis dahin reichten intensiv bewirtschaftete Felder bis an die Ufer der Stever.

Der Themenweg ermöglicht in Form einer großen Runde gute Ausblicke in die neu geschaffene Landschaft. Von verschiedenen Punkten können mit etwas Glück viele Tiere beobachtet werden. Dadurch, dass nur wenige Steigungen zu bewältigen und überraschende Erlebnisse bei der Tierbeobachtung möglich sind, ist der Weg auch für Familien mit Kindern gut geeignet.

In der folgenden Karte sind die Route und besondere Wegpunkte sowie der Anschluss an den Dortmund-Ems-Kanal-Radweg markiert. Zur Orientierung ist eine Routenempfehlung von der Mühle gegen den Uhrzeigersinn kilometriert. Es kann aber überall in die Tour eingestiegen werden.

Steverauenweg Karte
Steverauenweg Karte

Der Steverauenweg ist Teil des Buches „Wanderungen für die Seele – Naturpark Hohe Mark“ von Thomas Dörmann. Hier wird diese Tour ausführlich beschrieben.

Beschilderung und Wegebeschaffenheit

In den Weg lässt sich praktisch überall einsteigen und die Richtung ist frei wählbar. Die Route ist sehr gut durch Holzpfosten mit blauer Spitze und entsprechender Beschriftung und Pfeilrichtung markiert. Auf der Hälfte bietet sich über zwei Straßen die Möglichkeit, die Runde abzukürzen.

Zwischen Füchtelner Mühle und Ortsmitte durchquert der Steverauenweg auf kurzer Strecke einen Wald und ein Wohngebiet. Sonst verläuft er bis zur Alten Fahrt immer am Rande der Siedlung und der Aue entlang. Zwischen Tennisplatz und Kanal wird eine Niederung mit Teichen durchquert. Über die Trogbrücke des alten Kanals quert man die Stever. Auf der Nordseite der Stever geht es auf asphaltierten Nebenwegen unter Alleen am Rande von Feldern vorwärts.

Für Radfahrer mag die Wegstrecke etwas zu kurz sein, doch durch den Charakter als Rundweg lässt sich die Befahrung sehr gut als Ergänzung zu einer Tour entlang der Alten Fahrt, auf dem Dortmund-Ems-Kanal-Radweg oder auf der Römer-Lippe-Route sehen.

Immer wieder ergeben sich auf der Tour idyllische Aussichten auf das Stevertal. Man entdeckt die Heckrinder, die schwerfällig durch die Weiden trotten, Esel und Pferde. Meist liefern Informationstafeln Wissenswertes zur Tier- und Pflanzenwelt sowie über den Umbau zur neuen Niederung.

Vorgeschichte zur Steveraue

Die ursprünglichen Ackerflächen wurden zu zeitweise und zum Teil überschwemmten Auen, die an einigen Stellen von Blänken durchzogen sind. Das sind Gewässerverläufe, die nicht immer Wasser führen und für einige Zeit trocken liegen können. Befestigte Uferbereiche wurden zurückgebaut und dem Gewässer so mehr Platz zur Ausbreitung gegeben.

Heute grasen hier Heckrinder, Esel und Pferde in der Auenlandschaft. Auch einige brütende Störche lassen sich hoch oben in ihren Nestern beobachten. Viele typische und inzwischen selten gewordene Pflanzen haben sich angesiedelt. Natürlich kann man hier nicht mitten durch die Aue spazieren, aber mit dem Steverauenweg ist man schon dicht dran.

Wanderung in der Steveraue

Neben einem 2 Aussichtspunkt im Waldstück und einem niedrigen 3 Aussichtsturm nahe dem Sportpark ist das Umfeld der 5 Kökelsumer Brücke eine Sehenswürdigkeit auf der Tour. Die kleine Brücke ermöglicht das Überqueren der Stever, die hier einige Inseln und flache Uferzonen hat. Hier befindet man sich mitten in der Aue und der Fluss wird greifbar. Auf der anderen Seite ist ein Rastplatz eingerichtet.

Daneben steht ein Aussichtsturm, der durch dichten Pflanzenbewuchs getarnt ist. Damit lassen sich verdeckt Tiere beobachten. Neben den Heckrindern fällt hier der Blick auf ein Storchennest.

Auch die 4 Trogbrücke der Alten Fahrt über die Stever, die im Teil zu diesem Kanalabschnitt oben beschrieben ist, bietet gute Aussichten auf das Tal. Früher verlief der Kanal an dieser Stelle über den Fluss. Heute ist der Trog leer und wird vom Radweg genutzt. Ein Rastplatz bietet sich auch hier zu einer kurzen Pause mit Beobachten der Tierwelt in der Auenlandschaft an.

Eine bauliche Besonderheit und zweifelsfrei ein zweites Highlight auf dem Steverauenweg ist die 1 Füchtelner Mühle. Hier fließt das Wasser zwischen den zwei zur Mühle gehörenden Gebäuden hindurch und produziert sogar noch Strom. Am besten lässt sich die Szene vom kleinen Park im Unterwasser beobachten. Einer der Seitenarme aus der Aue mündet unterhalb der Mühle in die Stever und dient im Hochwasserfalle der Ableitung des Wassers und damit auch dem Schutz des historischen Gebäudes.

Koordinaten für GPS-Geräte und zur Tourenplanung

Geographische Koordinaten:
51°42’28.35″N, 7°23’06.55″E – Schiefe Brücke
51°42’39.86″N, 7°23’27.87″E – Dreibogenbrücke
51°42’03.96″N, 7°22’43.65″E – ehemaliger Hafen
51°40’45.54″N, 7°22’34.64″E – Lippebrücke

51°43’19.25″N, 7°21’15.24″E – Füchtelner Mühle
51°43’18.99″N, 7°21’41.41″E – Aussichtspunkt Kökelsumer Brücke
51°43’06.33″N, 7°22’23.95″E – Beobachtungsturm
Die Koordinaten können in das Eingabefeld von beispielsweise GoogleEarth und OpenStreetMap kopiert werden.

UTM-Koordinaten (Zone 32):
388423 m, 5729782 m – Schiefe Brücke
388840 m, 5730128 m – Dreibogenbrücke
387966 m, 5729038 m – ehemaliger Hafen
387740 m, 5726619 m – Lippebrücke

386322 m, 5731402 m – Füchtelner Mühle
386824 m, 5731383 m – Aussichtspunkt Kökelsumer Brücke
387631 m, 5730973 m – Beobachtungsturm

Nützliche Informationen zum Lesen der Koordinaten und Verwendung in GPS-Geräten bietet der Beitrag Anreise, GPS und Co.

Quellen und weitere Informationen:

Radregion Münsterland: www.muensterland-tourismus.de