Burgenland im Ruhrgebiet: Schloss Herten
Es ist eines dieser Ziele, von denen Ruhrgebiet-Skeptiker nicht glauben wollen, dass es sie gibt: das Schloss Herten, umgeben von einem weitläufigen Schlosspark mit altem Baumbestand und einem angrenzenden Waldgebiet. Und dieses Schloss liegt in Herten ausgerechnet mitten in der ehemals größten Bergbaustadt auf dem europäischen Kontinent, wenn es nach der Fördermenge geht. Die Stadt, die heute vor allem für den heutigen Landschaftspark Hoheward mit der größten Haldenlandschaft in Europa bekannt ist. Die Anlage ist nicht weit vom Stadtzentrum entfernt.
Das Wasserschloss im Schlosspark
Fangen wir erst einmal beim Herzstück der Anlage an. Die erste Erwähnung einer Burg an dieser Stelle geht zurück in das Jahr 1376. In der Folgezeit erfolgten Ausbau und Umwandlung zum repräsentativen Schloss. Ein Brand im 17. Jahrhundert zerstörte Teile der Anlage, die bis zum Anfang des 18. Jahrhunderts wieder aufgebaut wurde. Im Jahr 1920 wurde das Schloss verlassen, blieb bis zum Verkauf an den Landschaftsverband Westfalen-Lippe im Jahre 1974 ungenutzt und verfiel zusehends.
Bis 1989 erfolgte die Sanierung des Geländes, mit der es auch für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde. Im westlichen Teil befindet sich die LWL-Klinik Herten für Psychiatrie und Psychotherapie, die auch einzelne historische Gebäude des Schlosses nutzt.
Die Hauptburg ist ein eindrucksvolles Backsteinbauwerk mit geschlossenem Innenhof. Die vier Gebäudeteile haben die Form eines Trapezes, was man im Luftbild oben gut erkennen kann. Begrenzt werden sie durch markante Rundtürme mit schwarzem, kegelförmigen Dach.
Umgeben ist die Burg von einem Wassergraben, einer Gräfte. Erreicht wird die Hauptburg über eine Brücke von der Vorburg, die ebenfalls von einem Wassergraben umgeben ist und heute Remise und Kapelle beinhaltet. Das Schloss ist zum Teil zugänglich, bietet zum Beispiel eine Gastronomie, wird darüber hinaus aber vor allem durch die Klinik genutzt.
Ringsherum lädt der 30 ha große Schlosspark zu einem Spaziergang ein, denn hier lässt sich viel entdecken. Auch er wurde mit dem Erwerb durch den LWL erst zugänglich gemacht. Zunächst fällt der reiche Baumbestand auf. An verschiedenen Stellen sind Gärten angelegt, wie der Rosengarten oder der Barockgarten. Im Frühling bis Frühsommer blühen Rhododendren.
Orangerie und Tabakhaus
Besonders auffallend ist die Ruine der ehemaligen Orangerie von 1729, die sich nördlich vom Schloss befindet. Fehlende Instandsetzungen und Bergbauschäden setzten dem Gebäude zu, das in den 1970ern nur zum Teil saniert wurde. Inzwischen wurde sie teilweise wiederaufgebaut und kann wieder besucht werden. Neben der Ruine fällt das quadratische Tabakhaus als kleiner Pavillon auf.
Kunstachse Burgenland
Besonders interessant ist jedoch die 2010 entstandene Kunstachse Burgenland. Sie verläuft auf etwa 2 Kilometern Länge zwischen der Gelsenkirchener Straße ganz im Süden und den Schlossteichen im Norden. Damit verbindet sie den Landschaftspark Hoheward mitsamt der Zeche Ewald mit dem Wasserschloss. Radfahrende und Fußgänger können diese (einmal abgeknickte) schnurgerade Wegachse mitten durch den Schlosswald bequem auf breiten Waldwegen genießen. Die Besonderheit ist jedoch eine geschickte Verknüpfung von den Themen Natur, Schloss und der angrenzenden, die Stadt lange prägenden Industrie in Form der Zeche Ewald.
Als Land Art, also Kunst mit der Natur, erheben sich in Sichtweite vom Weg im Wald 15 begrünte Erdhügel. Sie sind unterschiedlich hoch und ragen zwischen einem und drei Metern in die Höhe. Auf der Spitze von 8 von ihnen entdeckt man ein stählernes Zechen-Ensemble im Miniatur-Format aus rostigem Stahl. Es beinhaltet einen Doppelbock-Förderturm, wie man ihn von Zeche Zollverein kennt, einen alten Malakowturm, der in seiner Architektur an eine alte Festung erinnert (zum Beispiel bei der Zeche Ewald oder Zeche Hannover), einige Hallen und Häuser und einen Schornstein.
Damit nehmen sie die Gestalt einer Burg an und spielen auf die Machtposition von Industriellen an. In südlicher Richtung sind sie zunehmend naturbelassen. Geschaffen wurden diese Werke, die Hügel und die stählernen Skulpturen auf einigen der Gipfel, vom Künstler Nils-Udo.
Tipp des Autors:
Das Schloss ist sehenswert und der Park für einen schönen Spaziergang geeignet. Sind Sie mit Kindern unterwegs, so können Sie doch einmal alle Hügel mit Skulpturen suchen und finden lassen! Sehr lohnenswert ist als Kombination eine Fahrt in den Landschaftspark Hoheward mit der Großhalde samt Horizontobservatorium und der Halde Hoppenbruch, der Zeche Ewald und dem Naturschutzgebiet Emscherbruch mit dem Ewaldsee. Dabei sollte man als Verbindung die Kunstachse Burgenland wählen, auf der man immer wieder diese schönen Modelle auf den Hügel entdecken kann. Und Doppelbock und Malakowturm später sogar in Realität. Für Radfahrende bietet sich eine kleine Rundtour unter Nutzung der „Allee des Wandels“ auf alten Zechenbahnstrecken an.
Das Schloss Herten ist ein „grüner Glücksort“ im gleichnamigen Buch von Thomas Dörmann. Unter dem Leitsatz „Geh raus & blüh auf“ bietet es 80 Ziele aus den grünen Parks, Halden und Landschaften im Ruhrgebiet: Grüne Glücksorte im Ruhrgebiet*
Informationen zum Besuch:
Anreise mit dem Auto:
Auf der A2 bis zur Ausfahrt 7 Herten. Aus allen Fahrtrichtungen links abbiegen auf die Münsterstraße bzw. später Gelsenkirchener Straße Richtung Herten. Am Supermarkt links abbiegen in die Ewaldstraße. An der großen Ampel links abbiegen und der Ewaldstraße weiter folgen. Diese geht schließlich in Zentrumnähe in die Theodor-Heuss-Straße, in die Konrad-Adenauer-Straße und in den Resser Weg über. In der Nähe des Supermarktes befinden sich auf der linken Straßenseite bereits nutzbare Parkplätze. Direkt am Schloss befinden sich kostenpflichtige Plätze, dazu der Beschilderung folgen und links abbiegen in die Straße Im Schloßpark.
Alternativ bieten sich zahlreiche Parkmöglichkeiten im Zentrum von Herten an sowie in der Straße Klosterkamp. Von dieser Seite ist der Schlosspark (z.B. hinter dem Rathaus) nach wenigen Geh-Minuten erreicht.
Zieleingabe ins Navigationssystem: Im Schloßpark oder Kerkhofskamp in Herten
Anreise mit Bus und Bahn:
Mit den Zügen des Nah- und Fernverkehrs bis Recklinghausen Hbf. Von dort mit dem Bus der Linie 249 Richtung Buer Rathaus bis Schloss Herten (eine davor zum Bereitmachen: Rathaus).
Anreise mit dem Fahrrad / E-Bike:
Es ist möglich, vom Emscher-Park-Radweg bei Herten einen kurzen Abstecher zum Schlosspark zu machen. Über die Burgenland-Achse gelangt man zur Zeche Ewald im Landschaftspark Hoheward.
Kartenmaterial / Literatur:
In den dargestellten gedruckten Rad- und Wanderkarten und Tourenführern ist die Region des in diesem Beitrag beschriebenen Ortes abgebildet. Die thematisch passenden Bücher sind zur Vertiefung empfohlen. Mit Klick auf die jeweilige Karte gelangen Sie zur entsprechenden Seite bei Amazon*.
Koordinaten für GPS-Geräte und zur Tourenplanung
Geographische Koordinaten:
51°35’29.94″N, 7° 7’49.60″E – Schloss Herten
51°35’37.10″N, 7° 7’48.91″E – Orangerie
51°35’35.04″N, 7° 8’02.72″E – Tabakhaus
Die Koordinaten können in das Eingabefeld von beispielsweise GoogleEarth und OpenStreetMap kopiert werden.
UTM-Koordinaten (Zone 32):
370494 m, 5717277 m – Schloss Herten
370487 m, 5717499 m – Orangerie
370751 m, 5717428 m – Tabakhaus
Nützliche Informationen zum Lesen der Koordinaten und Verwendung in GPS-Geräten bietet der Beitrag Anreise, GPS und Co.
Quellen und Weitere Informationen:
Förderverein Orangerie Herten: www.orangerie-herten.de
LWL-Klinik Herten: www.lwl-klinik-herten.de