Der Wetterkamin Buchholz

Im Hammertal bei Witten findet man mit dem Wetterkamin Buchholz der Zeche Vereinigte Geschwind ein kleines, aber interessantes Bauwerk, das auf geschickte Weise die Physik nutzte, um das Bergwerk zu bewettern.

Vor Wind und Wetter sind die Bergleute in ihren Schächten und Stollen eigentlich geschützt, schließlich arbeiten sie im Trockenen und Warmen im Schutze des Deckgebirges – sollte man meinen. Doch dieser Gedanke ist so nicht ganz richtig. In Zechen herrscht ein ganz besonderes Klima, das an manchen Universitäten sogar als Forschungsthema interessant ist. Picken wir uns für dieses Thema alleine das Klimaelement Wind heraus. Tief unter der Erde kann sich die Atemluft nicht mehr wie an der Oberfläche z. B. in Gebäuden natürlich verteilen.

Für die Bergarbeiter ist es daher lebensnotwendig, die Anlagen unter Tage mit sauerstoffreicher, frischer Luft zu belüften, verbrauchte (z. B. geatmete) Luft und auch natürlicherweise entstehende toxische oder auch hochentzündliche Grubengase abzuführen. Dieser Prozess wird als Bewetterung bezeichnet, wobei die Luftzusammensetzung analog zur Witterung außerhalb des Bergwerks „Wetter“ genannt wird. Frische Luft ist dabei „gutes Wetter“, verbrauchte Luft oder gar explosive Konzentrationen brennbarer Gase (= Schlagwetter) sind „schlechte Wetter“.

Die Bewetterung kann ein komplexes System der Leitung der Luftströme durch alle aktiven Bereiche eines Bergwerks darstellen. Wetterschächte und Grubenlüfter helfen dabei. In der Zeit vor der flächendeckenden Elektrifizierung, Mechanisierung und technischer Möglichkeiten war dies allerdings ein großes Problem. Schon einige Zeit lang wurde ein künstlicher Luftstrom erzeugt, indem unter Tage in Wetteröfen Feuer entfacht wurden, deren Abgas einen Auftrieb förderte. Rauchgas gelangte über Schächte nach draußen und an anderer Stelle strömte frische Luft nach und versorgte die Anlagen unter Tage mit gutem Wetter.

Angewandte Bergwerks-Klimatologie

Die Zeche Vereinigte Geschwind im zu Witten gehörenden Vorort Buchholz im Hammertal bediente sich einer sehr geschickten Methode, die eine Perfektionsstufe und Rationalisierung der Wetteröfen darstellt. Der 1856 errichtete Schornstein des Kesselhauses der Dampfmaschine der Zeche stand etwas entfernt auf einem 116 m ü. NN hohen Berg. Die Rauchgase wurden über einen vergrabenen Kanal zugeführt. Soweit ist dies bisher nichts Ungewöhnliches. Man könnte es als angewandte Thermodynamik bezeichnen, als das Kesselhaus 1865 mit einem Wetterschacht verbunden wurde. Durch den Kamineffekt des Schornsteins wurde damit nicht nur der Rauch vom Feuer abgezogen. Die Luft aus dem Schacht nährte das Feuer und wurde durch den kräftigen Sog geradezu aus dem Bergwerk gezogen. Wie bei den untertägigen Wetteröfen gab es somit eine künstliche Luftbewegung, nach der frische Wetter an anderer Stelle eingesaugt wurden. Nun galt es, durch Wettertüren oder Schleusen die frischen Wetter im ganzen Bergwerk gleichmäßig zu verteilen.

Der Wetterkamin Buchholz war bis 1891 in Betrieb und ist heute ein im Ruhrgebiet einmaliges Denkmal, ist er hier doch der einzige verbliebene Wetterschornstein seiner Art. Er ist mit seinem quadratischen Grundriss von 3 x 3 Metern und einer Höhe von ca. 16 Metern eher unscheinbar und wird sogar durch die benachbarten dichten Bäume verdeckt (was vollständige Fotografien höchstens in der unbelaubten Saison möglich macht). Er besitzt zwei Kaminöffnungen, in die man hineingehen und von unten durch den Kaminschacht blicken kann. An seinem Fuße sind mehrere Rastplätze angelegt. Informationstafeln erläutern seine Geschichte und Funktion. Ein kleiner Aussichtspunkt ermöglicht als eine Art Balkon am Berg einen kleinen Blick durch den Wald auf das Pleßbachtal.

Tipp des Autors:

Über die Landstraße Richtung Hattingen sind weitere sehenswerte Ziele der Region erreichbar. So quert man auf dem Weg zum LWL-Industriemuseum Henrichshütte unweit der sehenswerten Altstadt Hattingens den Vorort Blankenstein mit seiner Burg. Auch der Kemnader See ist rasch erreicht.

Informationen zum Besuch:

Öffnungszeiten und Eintrittspreise:

Der Wetterkamin Buchholz ist ständig frei zugänglich.

Anreise mit dem Auto:

Auf der A43 bis zur Ausfahrt 21 Witten-Herbede. Aus Richtung Wuppertal zunächst links abbiegen. An der Ampel rechts abbiegen auf die Wittener Straße Richtung Hattingen. Nach 1,6 km an der großen Kreuzung links abbiegen auf die Straße Im Hammertal Richtung Sprockhövel (Beschilderung Wetterkamin folgen). Nach ca. 1 km rechts abbiegen in den Waldweg und kurz darauf parken. Alternativ 300 m weiter rechts abbiegen in die Rauhe Egge und in der Spitzkehre rechts in den zweiten Stichweg fahren und hier parken. Von beiden Seiten wird der Wetterkamin Buchholz nach wenigen Metern erreicht.

Zieleingabe ins Navigationssystem: Waldweg bzw. Rauhe Egge, jeweils Nähe Kreuzung Im Hammertal in Witten

Anreise mit Bus und Bahn:

Buchholz ist mäßig gut mit Bussen aus Sprockhövel und von der Ruhr-Universität (Anschluss mit U35 zum Hauptbahnhof Bochums) angebunden. Hier verkehren die Linien SB67 und 320. Der Schnellbus hält an der Haltestelle Rehnocken (Höhe Waldweg) und die Linie 320 sowohl am Rehnocken als auch an der Rauhen Egge. Zu Fuß in den Waldweg und dann links den Fußweg in den Wald bzw. auf die Rauhe Egge und in der Spitzkehre die zweite Stichstraße rechts und in den Wald. Jeweils kurz nach Eintritt in den Wald ist der Wetterkamin Buchholz sichtbar.

Anreise mit dem Fahrrad / E-Bike und als Wanderer:

Vom RuhrtalRadweg und dem Rundkurs Ruhrgebiet sind vom Haus Kemnade bzw. dem Stauwehr des Kemnader Sees Abstecher zum Hammertal und zum Wetterkamin möglich. Der WestfalenWanderWerg XW verläuft direkt am Kamin vorbei.

Koordinaten für GPS-Geräte und zur Tourenplanung

Geographische Koordinaten: 51°23’47.20″N, 7°15’23.54″E
Die Koordinaten können in das Eingabefeld von z. B. GoogleEarth und OpenStreetMap kopiert werden.

UTM-Koordinaten (Zone 32): 378711 m, 5695354 m

Nützliche Informationen zum Lesen der Koordinaten und Verwendung in GPS-Geräten bietet der Beitrag Anreise, GPS und Co.