Die Halde Lothringen I / II

Im nördlichen Bochum erhebt sich mit der Halde Lothringen ein Überbleibsel des Bergbaus. Diese Halde hat als nahezu rechtwinkliges Dreieck schon eine recht ungewöhnliche Form und einen langgestreckten Gipfelgrat. Die steile Gerther Südwand, geprägt von harschen Wachstumsbedingungen, erzählt von der kraftvollen Dynamik zwischen Mensch, Natur und Zeit. Als markanter Punkt in der Landschaft bietet die Halde Lothringen nicht nur weite Ausblicke, sondern auch Raum für kreative Inszenierungen wie die Kunstinstallation „Über(n)Ort“, die mit ihren leuchtend gelben Rohren das Gelände und die Haldenlandschaft im Ruhrgebiet um eine Landmarke bereichert und gleichzeitig für interessante optische Illusionen sorgt.

Konstruktion aus gelben Stahlrohren auf dem Gipfel eines Hügels mit jungen Birken
Die Landmarke „Über(n)Ort“ auf dem Gipfel der Halde Lothringen in jungen Jahren

Zeche Lothringen

Ganz im Norden der Stadt Bochum, unweit des Dreiecks zu den Nachbarstädten Herne und Castrop-Rauxel, liegt der Stadtteil Gerthe. Hier wurde im Jahre 1872 die Zeche Lothringen gegründet. Sie besaß insgesamt sechs Schachtanlagen, wobei sich Schacht I, II und ein Wetterschacht im heutigen Gewerbegebiet Gerthe-Nord befanden.

Das folgende Luftbild zeigt diese Schachtanlage aus Südwesten. In der rechten oberen Bildecke ist rechts von der Bahnstrecke schon ein Teil der späteren Bergehalde zu sehen, um die es hier geht. In der linken Bildhälfte sind die beiden Schächte I und II (von links) erkennbar. Die drei Schornsteine vom Kraftwerk werden heute durch die Stahlgittertürme auf dem kleinen Hügel am Rande des Gewerbegebietes symbolisiert.

Historisches Luftbild der Zeche Lothringen
Historisches Luftbild der Zeche Lothringen

Ein weiterer Schacht befand sich ganz im Norden in der Nähe der Gerther Straße, zwei weitere Schächte im benachbarten Ortsteil Hiltrop.

Die Zeche wurde im Jahre 1967 geschlossen. Ein Radweg auf alter Eisenbahntrasse erschließt die ehemaligen Standorte heute. Offensichtliche Überreste sind heute nur wenige im Gewerbegebiet integrierte Gebäude der Zeche sowie die Protegohauben über den ehemaligen Schächten. Die Abdeckung von Schacht II findet man mitten in einem Wendehammer der Amtmann-Ibing-Straße zwischen den beiden Supermärkten.

Ein Wendehammer mit einem Stahlgerüst, das einen Ausgasungsschacht eines ehemaligen Bergwerks schützt. Dahinter Gebäude mit Tonnendächern.
Standort vom Schacht I im Wendehammer der Amtmann-Ibing-Straße

Halde der Zeche Lothringen

Das größte Relikt der Zeche ist jedoch die Halde Lothringen. Sie liegt etwa auf halber Strecke zwischen den beiden Schachtanlagen Lothringen I / II / VI und Lothringen III – die neu auf ehemaliger Bahnstrecke gebaute Umgehungsstraße führt direkt daran vorbei und heißt passenderweise An der Halde. Ihre Fläche beträgt etwa 5 ha. Der höchste Punkt liegt auf 136,2 m ü. NN. Die Höhe des Gipfels über der Umgebung schwankt aufgrund der starken Neigung des Geländes zu einem Bachtal von West nach Ost zwischen 16 und 26 Metern. Zur Straße ist die Böschung besonders niedrig.

Neben der Lage am Hang hat die Halde Lothringen die Besonderheit, eine geometrische Form zu besitzen. Sie ist sogar annähernd in einem rechtwinkligen Dreieck geschüttet. Dabei ist die Hypothenuse, also die längste Seite des Dreiecks, die Südflanke, die sich besonders markant und mit einer steilen Böschung über dem angrenzenden Feld abhebt.

Die sogenannte Gerther Südwand zeichnet sich durch ihre große Hangneigung und die Exposition nach Süden für besonders schwierige Wachstumsbedingungen für Pflanzen aus. Bedingt wird dies durch die hohe Temperatur des dunklen Bodens in der Sonne und das schnell abfließende Regenwasser. Noch lange wird der Hang nur durch einzelstehende Bäume bewachsen sein, bis der Boden durch Erosion und Verwitterung langsam eine Basis für die Natur wird.

Kunstinstallation „Über(n)Ort“

Direkt ins Auge fällt schon von Weitem die Kunstinstallation von Kisten Kaiser mit dem Titel Über(n)Ort. Es handelt sich um 23 dicke, senkrechte Rohre, die im gewissen Abstand in einer 220 Meter langen Linie aufgereiht sind und ein einzelnens, waagerechts Rohr tragen. Dabei nehmen die senkrechten Rohre nach hinten hin an Höhe zu, was bei der Betrachtung zu einer optischen Täuschung führt. Die gesamte Installation ist in der Warnfarbe Gelb lackiert. Von Anfang an besitzt die Installation eine LED-Beleuchtung, die die massiven Rohre zu einer schwebenden, fragilen Linie machen.

Neben stellenweise dichtem Birkenbewuchs bietet die Halde noch eine große Freifläche mit kleineren Wasserlöchern und dekorativen Steinen. Einige der Fotos stammen aus dem Jahr 2008. Heute ist der Gipfel dichter zugewachsen und die Landmarke nicht mehr in dem strahlenden Gelb, wie sie einst war.

Kunst-Installation "Über(n)Ort" vom Haldengipfel aus gesehen
Kunst-Installation „Über(n)Ort“ vom Haldengipfel aus gesehen

Halde Lothringen im Schnee

Die letzten Bilder zeigen die Halde schon in einem anderen Kleid als im Frühling, wenn sich die Bäume herbstlich gelb und orange färben, was zweifellos eine schöne Harmonie zur gelben Landmarke darstellt.

Im Winter präsentiert sich die Halde noch einmal von einer ganz anderen Seite, wenn seltenerweise Schnee fällt. Der Aufstieg auf die niedrige Halde ist auch bei Schnee gut zu schaffen. Der steile Absatz der langgestreckten Böschung auf dem Gipfel vor den Rohren ist da schon eher eine Herausforderung…

Kunstinstallation aus gelben Rohren auf einem verschneiten Berg mit winterkahler Vegetation
Winterliche Landmarke „Über(n)Ort“ auf der Halde Lothringen
Landmarke auf der Halde Lothringen. Gelbe Stahlrohre, die sich entlang eines Berggipfels im Winter aus dem Schnee erheben
Gipfel der Halde Lothringen im Schnee
Stahl-Konstruktion aus gelben Röhren entlang eines Berggipfels von der Seite gesehen. Die Landschaft ist in Schnee getaucht.

Tipp des Autors:

Die Halde liegt direkt am Radweg Parkway EmscherRuhr und dem Radweg auf der Lothringentrasse. Kombiniert werden kann ein Besuch der Halde Lothringen mit dem LWL-Industriemuseum Zeche Zollern im benachbarten Bövinghausen oder mit der Halde Schwerin in Castrop-Rauxel.

Informationen zum Besuch:

Anreise mit dem Auto:

Auf der A43 bis zur Ausfahrt 17 Bochum-Gerthe. Aus Richtung Wuppertal rechts, aus Richtung Münster links abbiegen auf den Castroper Hellweg. An der zweiten Ampel rechts abbiegen in die Josef-Baumann-Straße. Dem Straßenverlauf auch durch den Kreisverkehr folgen. Im zweiten Kreisverkehr (der an den Stahl-Landmarken) führt zwar rechts die Straße An der Halde genau vor den Fuß des Berges, allerdings kann man hier nicht oder nur schwer parken. Es wird empfohlen, im Kreisverkehr links zu fahren und in der Amtmann-Ibing-Straße am Rande zu parken. Zu Fuß dann zurück zum Kreisverkehr laufen und schräg rechts den Fußweg parallel zur Straße An der Halde bis auf die Halde Lothringen wählen.

Zieleingabe in das Navigationssystem: An der Halde oder – zum Parken – Amtmann-Ibing-Straße in Bochum

Karte Halde Lothringen
Karte Halde Lothringen

Anreise mit Bus und Bahn:

Von Bochum Hbf. mit der Straßenbahn der Linie 308 Richtung Schürbankstraße bis Gerthe Mitte (ein Halt vorher zum Bereitmachen: Heinrichstraße) fahren. Die Fahrtzeit beträgt etwa 15 Minuten. Zu Fuß die nächste Straße in Fahrtrichtung (Lothringer Straße) rechts abbiegen und bis zur Kreuzung Kirchharpener Straße laufen. Hier rechts abbiegen und die großen „Schornsteine“ auf dem Landschaftsbauwerk passieren. Im Kreisverkehr schräg geradeaus-links den Pfad zwischen der Straße An der Halde und der Kirchharpener Straße nutzen. Der Fußweg beträgt etwa 1,4 Kilometer.

Alternativ von Bochum Hbf. oder Castrop-Rauxel Zentrum mit dem Bus der Linie 353 bis Gewerkenstraße. Der Gewerkenstraße bis zur Kreuzung An der Halde folgen, hier rechts abbiegen und hinter der Brücke die Halde erklimmen. Der Fußweg mit dieser Variante beträgt ca. 500 Meter.

Anreise mit dem Fahrrad / E-Bike:

Der Parkway EmscherRuhr verläuft direkt am Südrand der Halde vorbei. Mit einem kleinen Umweg ist von dort aus die Halde zu erreichen. Auch vom Radweg auf der Lothringen-Trasse ist die Halde einfach zu befahren.

Kartenmaterial / Literatur:

In den folgenden gedruckten Rad- und Wanderkarten und Tourenführern ist die Region abgebildet: ADFC Regionalkarte radrevier.ruhr Ost* (1:50.000) und BVA Radwanderkarte Kreis Recklinghausen* (1:50.000)

Diese thematisch passenden Bücher empfehle ich zur Vertiefung: Wanderbare Halden: Die schönsten Revier-Wandertouren mit Aus- und Weitblick* und Halden, Himmel, Horizonte: Die Gipfel des Reviers*

Koordinaten für GPS-Geräte und zur Tourenplanung

Geographische Koordinaten: 51°31’10.14″N, 7°17’28.83″E
Die Koordinaten können in das Eingabefeld beispielsweise von GoogleEarth und OpenStreetMap kopiert werden.

UTM-Koordinaten (Zone 32): 381451 m, 5708979 m

Nützliche Informationen zum Lesen der Koordinaten und Verwendung in GPS-Geräten bietet der Beitrag Anreise, GPS und Co.