Der Westpark in Bochum

Die Mischung von Industriekultur zum Anfassen und wilder Natur ist eine beeindruckende Kombination. Das ganze Jahr über gibt es viel zu entdecken und neue Blickwinkel und Ansichten zu erforschen. Sicherlich bekanntestes Beispiel dafür ist der Landschaftspark Duisburg-Nord im Stadtteil Meiderich. Er ist ein äußerst beliebtes Ziel bei Touristen und Einheimischen. Dort lässt sich auf Hochofen klettern und zwischen den alten, inzwischen rostenden Industrie-Anlagen flanieren. Doch so ganz einzigartig, wie man vielleicht denkt, ist das gar nicht. Denn in einer etwas kleineren Variante findet der interessierte Besucher, Botaniker oder Hobbyfotograf eine solche Anlage mit sehr ähnlichen Elementen auch im Herzen von Bochum: Im Westpark Bochum im Stadtteil Stahlhausen.

Ehemaliges Krupp-Stahlwerk

Nicht einmal ein Kilometer von der Innenstadt entfernt befindet sich diese äußerst spannende Parkanlage. Seine Bezeichnung erhält sie natürlich aus ihrer Lage westlich von der Stadtmitte. Der Westpark liegt auf dem Gelände der ehemaligen Krupp-Stahl AG. In der nachfolgenden Karte ist der Park in der Mitte dargestellt. Mit der Maus oder dem Finger können Sie interaktiv auf das Luftbild aus den 1950er Jahren umschalten, sodass sich die enormen Entwicklungen von damals bis heute gut nachvollziehen lassen. Man erkennt darauf ein Gewirr von Hallen, Wegen und Schienen. Und auch eine dichte Rauchfahne aus einem Schornstein zieht über das Gelände.

1952 2022

Weniger gut aus der Luft als bei einem Spaziergang festzustellen ist, dass sich der komplette Westpark auf unterschiedlichen Höhenstufen erstreckt. Dies äußert sich durch befestigte Böschungen und Stützmauern, die zum Teil über steile Treppen, Leitern, Rampen und Brücken zu erzwingen sind. Diese Höhenunterschiede zeugen von der speziellen Architektur dieses Stahlwerks früher. Auf die Art und Weise in die Höhe zu bauen, konnte der beschränkte Platz vor den Toren der Innenstadt gut ausgenutzt und Produktions-Abläufe verbessert werden. Neben Schlacke und Asche aus der Verbrennung diente auch Bergematerial der Zechen als Masse für das Gelände.

Historisches Luftbild vom Bochumer Verein, heute Westpark in Bochum
Historisches Luftbild vom Bochumer Verein, heute Westpark in Bochum

Das Colosseum – ein Hauch römischer Architektur

Die markanteste Stützmauer mit Gewölbe-Bögen aus Ziegelsteinen befindet sich im Süden an der Alleestraße. Durch die Ähnlichkeit zu dem gleichnamigen berühmten Bauwerk in Rom trägt es die Bezeichnung Colosseum. Auch dieses war nichts anderes als Fundament von Hallen, die ganz oben auf dieser höchsten Geländestufe zusätzlich noch in die Höhe ragten und heute verschwunden sind. Die folgenden Bilder zeigen Teile des Colosseums und weitere typische Stützmauern und Böschungen in der Topographie. In einigen der Gewölbe-Bögen sind auf der Straßenseite bunte Kunst-Objekte aufgestellt.

Der ganze Westpark erstreckt sich rings um das Veranstaltungszentrum mit dem schönen Namen Jahrhunderthalle. Die 1902 gebaute Halle diente anfangs für Ausstellungen. Erst später baute man sie zur Gebläsemaschinenhalle für Hochöfen um. Im Jahr 2003 wurde die Halle wieder zu einem Kultur- und Veranstaltungszentrum, wie sie es anfangs bereits einmal war. Hoch über der Halle steht der aus fast allen Teilen des Parks sichtbare grüne Wasserturm, der eine Landmarken-Funktion hat. Zugleich liegt die Jahrhunderthalle wie in einem Krater an der tiefsten Stelle des Parks und wird von den erwähnten Höhenschichten eingerahmt.

Ein Spaziergang durch den Westpark

Zahlreiche Wege, Rampen und Brücken durchziehen den Westpark. Sie verbinden so die künstlich entstandenen Terrassen. An verschiedenen Stellen finden sich Fundamente, Laternen, Gleisanlagen oder andere Zeugen der vergangenen Industrie-Epoche. Einige ehemalige Klärbecken wurden zum Biotop. Hier wachsen Pflanzen und schwimmen Fische in früher toten Betonbecken. Besonders typisch für den Westpark sind die zahlreichen kleinen grau-blauen Würfel am Wegesrand, eine unauffällige und markante Beleuchtung der Wege. Teile der Jahrhunderthalle, der Wasserturm und zwei Kühltürme werden außerdem nachts farbig beleuchtet.

Jahrhunderthalle im Westpark Bochum

Zwischen Bäumen und Flieder-Büschen entdeckt man immer wieder Überreste von Früher. Und so lassen sich in jeder Jahreszeit neue Verwandlungen entdecken. Immer ist der Besuch anders und überraschend. Nach dem Spaziergang oder der Radtour lässt sich in der Außengastronomie neben der Turbinenhalle neue Energie schöpfen. Bei schönem Wetter sitzt man dann unter dem Sonnenschirm und kann mit etwas Glück gemeinsam mit einem Reiher die Fische im Teich beobachten.

Grüne GlücksorteDer Westpark ist ein „grüner Glücksort“ im gleichnamigen Buch von Thomas Dörmann. Unter dem Leitsatz „Geh raus & blüh auf“ bietet es 80 Ziele aus den grünen Parks, Halden und Landschaften im Ruhrgebiet: Grüne Glücksorte im Ruhrgebiet*

Die Erzbahnschwinge als Beginn der Erzbahntrasse

Lohnenswert ist außerdem der Gang oder die Fahrt mit dem Rad bis in die nordwestliche Ecke des Parks. Dort beginnt der Radweg auf der Erzbahntrasse, einem Bahntrassenradweg auf der ehemaligen Güterbahn zwischen dem Bochumer Verein und dem Verladehafen am Rhein-Herne-Kanal bei Gelsenkirchen. Geprägt ist der Weg durch zahlreiche spektakuläre Brückenbauwerke, darunter auch die sich noch eben hier befindliche Erzbahnschwinge. Unter schrägstehenden Pylonen beschreibt die Fahrbahn der Hängebrücke eine enge S-Kurve. Bauwerke wie die Erzbahnschwinge machen auch den Radweg sehr beliebt und bekannt.

Tipp des Autors:

Bei einem Gang durch den Westpark entdeckt man zahlreiche Details, die auf die ursprüngliche Nutzung hindeuten. Idealerweise ist der Besuch kombiniert mit anderen Zielen in Bochum, wie dem Zoo, dem Deutschen Bergbau-Museum oder dem Planetarium. Von hier aus führt der Weg auf der Erzbahntrasse nach Gelsenkirchen.

Informationen zum Besuch:

Öffnungszeiten und Eintrittspreise: Der Park ist ständig frei zugänglich. Die Jahrhunderthalle ist gewöhnlich nur im Rahmen von Veranstaltungen zu besichtigen.

Anreise mit dem Auto:

Auf der A40 bzw. A448 bis zum Dreieck Bochum West. Dort die Ausfahrt Bochum-Stahlhausen nutzen. Aus Richtung Dortmund links, aus Richtung Essen rechts abbiegen auf die Wattenscheider Straße Richtung Bochum Innenstadt, nach etwa einem Kilometer an der großen Kreuzung geradeaus fahren und hier parken.

Zieleingabe ins Navigationssystem: Wattenscheider Straße (Kreuzung Gahlensche Straße) in 44793 Bochum

Anreise mit Bus und Bahn:

Von Bochum Hbf. mit der Straßenbahn 302 oder 310 Richtung Höntrop Kirche bis zur Haltestelle Jacob-Mayer-Straße / Jahrhunderthalle (am Colosseum). Alternativ mit der RB 46 bis Bochum-West und dann auf der Alleestraße ein kurzes Stück bis zur Freitreppe nach Westen laufen.

Anreise mit dem Fahrrad / E-Bike:

Der Westpark liegt am südlichen Ende der Erzbahntrasse aus Richtung Gelsenkirchen.

Kartenmaterial / Literatur:

In den dargestellten gedruckten Rad- und Wanderkarten und Tourenführern ist die Region des in diesem Beitrag beschriebenen Ortes abgebildet. Die thematisch passenden Bücher sind zur Vertiefung empfohlen. Mit Klick auf die jeweilige Karte gelangen Sie zur entsprechenden Seite bei Amazon*.

   

Koordinaten für GPS-Geräte und zur Tourenplanung

Geographische Koordinaten:
51°28’52.13″N, 7°11’55.63″E – Jahrhunderthalle Bochum
51°29’03.42″N, 7°11’43.23″E – Erzbahnschwinge (Parkseite)
51°28’44.31″N, 7°11’56.25″E – Colosseum
51°28’46.05″N, 7°12’09.43″E – Zugang Freitreppe von der U-Bahn
Die Koordinaten können in das Eingabefeld von z.B. GoogleEarth und OpenStreetMap kopiert werden.

UTM-Koordinaten (Zone 32):
374925 m, 5704870 m – Jahrhunderthalle Bochum
374695 m, 5705225 m – Erzbahnschwinge (Parkseite)
374931 m, 5704629 m – Colosseum
375187 m, 5704676 m – Zugang Freitreppe von der U-Bahn

Nützliche Informationen zum Lesen der Koordinaten und Verwendung in GPS-Geräten bietet der Beitrag Anreise, GPS und Co.

Quellen und weitere Informationen:

Jahrhunderthalle Bochum: www.jahrhunderthalle-bochum.de

Route der Industriekultur (Jahrhunderthalle): www.route-industriekultur.ruhr